Der Tränensee

  • Westlich der Festung, zwischen den Wäldern und einer Kette von Anhöhen, liegt der Tränensee, ein Name, den er einer Sage nach seiner Form verdankt. Einst, vor dem Drachenangriff aus dem Norden, lebten Avalonier an seinem Ufer, doch seit einigen Jahren ist der See verlassen.

  • Galador war dem Lauf eines Flusses gefolgt, der aus dem Norden kam und schließlich in den See mündete. Es war hier wärmer als oben auf dem kahlen Gipfel des schwarzen Berges und schien es auch so zu sein, als sei man den Nöten und Ängsten der Welt hier ferner, als dort. Der Wald trat bis auf eine halbe Meile an das Nordufer des Sees heran, aber nach Süden hin sah man Hügel ansteigen.
    Am Morgen war er zum Berg gekommen und nun würde es nur noch wenige Stunden dauern, bis es dunkel werden würde. Galador ließ sich dort nieder, wo die Wälder dem Wasser am nächsten waren. Nach einer Weile blickte er sich weiter um und sah in einiger Entfernung eine Gestalt, eine Frau, wie er dachte.

  • Sakana hatte während dem laufen nicht bemekrt wie lange sie gelaufen war. Sie musste feststellen dass der See an dem sie rastete fast einen ganzen Kilometer vom Wald entfernt war. Nicht das dies von großer Bedeutung gewesen wäre, aber auch wenn sie eine Drakonierin war, so ist es dennoch gefährlich allein zu reisen auf offener Fläche.


    Im Großen und Ganzen musste sie feststellen das sie hauptsächlich immer ihrem Bruder gefolgt war und so gut wie nichts über dieses Land wusste. Noch vor einem Augenblick, auch wenn es vermutlich für Menschen länger her ist, hieß sie noch Sussanne und dachte sie wäre eine Elfin. Sie war von einem Elfen in den Wäldern ihrer sogenannten Heimat erzogen worden bis er an einer scheinbar unheilbaren Krankheit, wie er sie nannte, aus dem Leben gerissen wurde oder eher verschwand. Kurze Zeit später traf sie Richard für den sie Gefühle entwickelte oder hatte, der sich dann als ihr Bruder Azaron herausstellte.


    Ohne ihren Bruder ist Sakana in diesem Land und in dieser Welt so hilflos wie ein Vogel mit gebrochenem Flügel oder den man zu früh aus dem warmen Nest gescheucht hat.


    Nach einer Weile spührte Sakana einen Blick. Sie entdeckte eine Person in einiger Entfernung. Was sollte Sie machen? Sollte sie zu dieser Person gehen und schauen ob diese ihr helfen kann oder sollte sie warten?


    "Bruderherz, hilf!"

  • Die Gestalt rief etwas, aber er konnte kaum hören, was es gewesen war. Er beeilte sich stattdessen, sie zu erreichen und rief, als er nur wenige hundert Schritte bei ihr angelang war, zurück.


    Wer ist da?

  • Sakana war etwas verunsichert. Sie war etwas erschrocken als der fremde plötzlich in ihre Richtung eilte. Sie dachte schon jetzt müsse sie sich verteidigen vor einem Banditen oder ähnliches. Sie hatte schon ihren Bogen rausholen wollen. Sie war etwas erleichtert als der Fremde in genügend Abstand stehen blieb und keine Anstalten machte ihr was anzutun. Sakana antwortete aus den ruf des Fremden noch etwas zurückhaltend.


    "Mein Name ist Sa..Sakana Tritias. Ich bin..."(Sie sollte wohl noch verheimlichen was sie ist. Nicht viele wussten über die Drakonier Bescheid, nur welche aus der Burg und selbst dort waren es nur wenige. Also sollte es vorerst so bleiben.)"...in gewisserweise eine Waldläuferin. Aber eher im wörtlichen Sinne. Ich raste hier und war am Nachdenken bis ich euren Blick spürte und auf euch aufmerksam wurde. Dürfte ich erfahren wer ihr seid?"

  • Das dürft Ihr, nachdem ich Euch ja ebenfalls nach Eurem Namen fragte. Ich bin Galador, ein Mann aus dem fernen Westen, von dem man hier nur wenig weiß, schätze ich, auch wenn ich noch nicht viel mit den Menschen diese Landes gesprochen habe. Was treibt Euch hierher? Es ist sehr ungewöhnlich, daß eine Frau allein reist, ob Frieden ist oder Gefahr droht.


    Wohl entigng ihm nicht, daß leichte Furcht die Stimme der Frau beherrschte.

  • Sakana zögerte kurz. Dann sprach sie.


    "Ich suche jemanden. Jemanden der mir sehr wichtig ist. Und bei der Suche konnte mir niemand helfen, da sie mit anderen Dingen beschäftigt waren. Auch die die mit ihm einst zusammen gereist waren und für kurze Zeit an seiner Seite gekämpft hatten, haben sich in alle Winde zerstreut. So hatte ich mich allein aufgemacht. Und völlig wehrlos bin ich ja nicht." Sie zeigte ihren Bogen und das Kurzschwert.


    Sakana dachte kurz an Meli. Meli war ihre Freundin geworden, doch kurz nach Azaron's verschwinden, hatten sie sich aus den Augen verloren. Wie es ihr wohl ging?


    Sakana hatte sich schließlich während dem Gespräch beruhigt.

  • Galador hörte bereitwillig zu.


    Ich verstehe Euch, jedenfalls zum Teil. Ich kenne ebenso jemanden, der nach jemandem zu suchen scheint. Aber alles andere, was Ihr mir berichtet, ist für mich unbekannt. Könnt Ihr mir davon erzählen? Und verzeiht, wenn ich Euch für wehrlos hielt, in meinem Volk tragen die Frauen keine Waffen.

  • "Vor kurzem waren die Ebenen noch ein Schlachtfeld. Er hatte dort mit Kalmar und Salmar gegen die Schatten gekämpft. Er, war in einem Zweikampf mit Baal, dem Anführer der Schatten. Scheinbar wendete er einen mächtigen Zauber gegen Baal an, jedenfalls verschwand er und Baal in einer brennenden Leuchtkugel. Man sagt das dort wo sie standen nur verbrannte Erde sei und dort nichts mehr wächst. Er hatte mich in der Burg zurückgelassen. Aber ich muss ihn wiederfinden oder ihm folgen. Er ist mir wichtiger als mein eigenes Leben." Sakana ran eine Träne die Wange hinunter.

  • Galador hörte mit Staunen, was die Frau zu sagen hatte und bemerkte zu spät ihre Tränen. Er hatte einen Namen nur herausgehört, denn alles andere sagte ihm nichts.


    Ihr kennt Salmar?

  • Sakana fand es interessant das dieser Fremde, mit Namen Galador, Salmar kannte. Wenn sie anfänglich noch zurückhaltend und unruhig gewesen war, so war dies jetzt nicht mehr der Fall.


    "Nun, wir waren eine Zeitlang Gefährten. Azaron und Salmar hatten oft Argumentiert darüber was nun zu tun sei oder über das Verhalten Azarons. Wir reisten zirka zwei Wochen zusammen. Unsere Wege trennten sich schließlich als Azaron, Salmar und Kalmar gegen die Schatten in der letzten Schlacht kämpften. Für kurze Zeit war er dann in der Burg, bis er weiter zog. Seither hatte ich ihn nicht mehr gesehen."

  • Er erkannte, daß dies eine längere Unterhaltung werden würde.


    Setzen wir uns, Frau Sakana.


    Ihr seid also Gefährten gewesen? Ihr müsst wissen, der letzte Krieg, in dem er focht, ist noch nicht lange her, sechs Jahre vielleicht. Und Ihr denkt jetzt, er könne Euch helfen, Azaron zu finden? War er Eurer Gemahl?

  • Sakana war nachdenklich. Sollte sie Galador die wahrheit erzählen? Letztendlich tat sie es.


    "Ich weiß nicht ob er mir helfen kann, aber vielleicht weiß er etwas das hilfreich sein kann. Er hatte Azaron ja schon vorher geholfen.


    Und Azaron, mein Gemahl? Ich wünschte es wäre so...
    Er...
    ...ist mein älterer Bruder. Zwillingsbruder um genau zu sein."

  • Wer weiß. Sicherlich findet er wenigstens etwas, was Euren Schmerz vermindert.


    Galador überlegte. Es erschien ihm nicht rechtens zu sein, wie Sakana über ihren Bruder dachte. Aber er war sich sicher, daß sie nun nichts davon hören wollte. Er lenkte die Unterredung auf andere Dinge.


    Wisst Ihr etwas über dieses Land? Ich kannte es bisher nicht und ich bin mir gewiss, daß es in meiner Heimat ebenfalls niemand kennt, genauso wenig, wie man hier etwas davon weiß, wie es dort ist, woher ich komme.

  • Sakana überlegte.


    "Nun, ob ich dieses Land kenne muss ich verneinen. Jedoch kann es sein das ich es besser kenne als ihr. Im Osten ist die Burg Avalon, im Nord-Westen der Schwarzjoch, etwas im Osten, Süd Osten, ist der Hochsitz und im Norden, hinter den Wäldern liegt ein Gebirge in dem die Krypten liegen. Jedoch waren das alles Orte die unsere Gruppe nur bereiste. Dementsprechend kann man nicht sagen das ich sie gut kenne. Ich kenne weder den Westen gut noch den Osten, den Süden oder Norden. Azaron und ich mussten übers Meer um hierher zukommen. Das heißt, bevor wir in Avalon ankamen reisten wir bereits seit über 8 Monden. Aber selbst dort wo wir herkamen waren wir nicht zu Hause. Das hatten wir hier erfahren, in den Krypten. Dort hatten wir auch erfahren das wir Geschwister sind. Und unsere Heimat viel zu weit entfernt war, als das wir sie je wieder betreten könnten. Jedoch, genug davon. Nun zu euch. Woher kommt ihr?"

  • Etwas weniger bereitwillig wie Sakana erzählte Galador von seiner Herkunft, wohl auch, weil er noch Fragen an die Frau hatte, die er aber der Höflichkeit halber erst später stellen wollte.


    Das Königreich, aus dem ich komme, liegt westlich eines hohen Gebirges, das von Norden nach Süden verläuft, bis es dort nach fast achthundert Meilen endet. Manche sagen, einige der Gipfel seien an die zwölftausend Fuß hoch, aber sie waren einst höher. Es erstreckt sich über alle Lande im Westen dieser Berge und man braucht daher lange, bis man es einmal durchquert hat. Ihr könntet es schlicht das Königreich des Westens nennen. Eine Zeit lang diente ich dem König und oft zog ich durch sein Land, besonders, als der Krieg gegen die Orkneas begann, wie sie in den Sagen auch genannt werden. Der Krieg dauerte lange, obwohl unser Volk weit zahlreicher ist, als es noch Jahrhunderte zuvor gewesen ist.
    Es mag ein weiter Weg von hier aus sein, weiter als wenn man das Königreich von der See bis zum Gebirge durchreist.

  • Einst war dies anders.


    Dann besann sich Galador jedoch auf ihre Frage.


    Keine Frage, die man leicht beantworten kann. Vielleicht hättet Ihr jemand anderen fragen sollen. Aber ich würde sagen, wir sind stolz und eigenwillig, aber auch nicht alle. Den Krieg, schätze ich, liebt keiner besonders, auch wenn ich genug kenne, die es anders halten und deshalb erst spät und widerwillig heiraten.

  • Sakana stimmte in dem was Galador über den Krieg sagte zu.


    "Doch Ewiger Frieden ist, in dieser Welt, ein Traum, den nur Narren, die Hilflosen und Schwachen zu träumen vermögen. Doch ist es einer der wenigen Träume die man nicht vergessen kann. Krieg ist ein Alptraum den viele verabscheuen, aber auch viele verbreiten und den man ebenfalls nicht vergessen kann."


    Das Wahrwerden dieses Alptraums erlebten Sakana und Azaron nur zu gut.

  • Verbreiten, ja. Aber darüber will ich nun nicht sprechen. Ewigen Frieden gibt es nur für die Toten, bis zur letzten Schlacht vielleicht, in der die Erde enden wird. Dann werden auch ihre Hallen vom Kampfeslärm nicht unberührt bleiben.